Mittwoch, 8. Oktober 2008

Ein Schlepper und ein Pflug für Ghana

Berufsschüler aus Heidenheim und Stuttgart hatten im letzten Schuljahr gemeinsam einen Schlepper und einen Pflug restauriert. Vertreter der drei beteiligten Schulen übergaben das Gespann jetzt an Edith de Vos. Sie hat 2001 die Baobab Children Foundation in Ghana gegründet.

Schlepper und Pflug treten von Stuttgart aus in einem Container die Reise nach Cape Coast an, einer Hafenstadt in dem westafrikanischen Küstenstaat.

Die Baobab Children Foundation (www.baobab-children-foundation.de), eine von der Regierung unabhängige Organisation, hat sich auf Entwicklungshilfe für Kinder und Jugendliche spezialisiert, vor allem für junge Leute aus zerrütteten Familien. Sie vermittelt ihnen Kenntnisse in der Landwirtschaft, vor allem im Anbau und der Verarbeitung von Heilpflanzen und Rattan. Das soll ihre Chancen vergrößern, beruflich und sozial Fuß zu fassen.

Mit der Übergabe hat ein bemerkenswertes Projekt seinen Abschluss gefunden: Es führte Menschen zusammen, die mit persönlichem Einsatz den Ärmsten der Armen helfen wollten. So staunte  de Vos: „Ich bin überwältigt, was die Schüler der drei Schulen geleistet haben.“ Hans Prommersberger, Schulleiter der Wilhelm-Maybach-Schule in Stuttgart, wies darauf hin, dass alles „ganz klein“ angefangen hatte: mit einer Anfrage, ob die Schule einen überholten Motor für einen Kleinbus in Ghana zur Verfügung stellen könnte. Gefragt hatte eine junge Deutsche, die bei der Baobab Foundation ihr soziales Jahr ableistete. Sie hatte sich an die Maybach-Schule gewandt, weil sie mit einem Schüler befreundet ist, der dort das Kfz-Handwerk erlernt. Die junge Dame fragte nicht vergeblich.

Der Schüler Christian Kieß reiste in den Ferien auf eigene Kosten nach Ghana und baute dort gemeinsam mit örtlichen Kräften den Austauschmotor in den Bus ein. Sein Fazit: „Wir hatten zwar unterschiedliche Arten, mit der Technik umzugehen, doch eines war uns gemeinsam: Wir wurden alle dreckig.“ Kieß kam zurück mit der Erkenntnis, dass ein Bus nicht das geeignete Gerät ist, um schwere landwirtschaftliche Arbeit zu leisten. Aber er hatte Feuer gefangen, brannte darauf zu helfen und steckte mit seiner Leidenschaft auch die Lehrer an: Ein Schlepper sollte her. Den fand Lehrer Reiner Meier in der Nähe von Stuttgart: einen Deutz Baujahr 1968. Mit Mitteln des Födervereins konnte der Schlepper gekauft werden. Doch was nutzt ein Schlepper ohne Pflug? Und wo findet man noch einen alten Zwei- oder Drei-Schar-Pflug, den dieser im Vergleich zu heutigen Maschinen doch schwache Schlepper zu ziehen vermag? Im Stuttgarter Raum jedenfalls nicht.

Der Stuttgarter Lehrer Friedemann Högerle wandte sich deshalb an seinen Studienfreund Michael Bölster, der an der HeidTech in Heidenheim unterrichtet: „Könnt ihr vielleicht helfen?“ Max Hartmann, angehender Landmaschinentechniker, und Jochen Zimmermann, auszubildender Kfz-Mechatroniker, hatten eine Idee: Auf dem Hof von Landwirt Hans Stängle in Dettingen gab es genau solch einen Pflug, einen „Bär 653“ von der Ulmer Firma Gebrüder Eberhardt. Doch so wie er war, konnte der Pflug unmöglich zur „Heirat“ mit dem Deutz-Schlepper erscheinen. Deshalb mussten die Schüler in Heidenheim kräftig zulangen. Unter Anleitung von Lehrer Otto Philipp nahmen sie das Gerät vollständig auseinander, schliffen Rost ab, ersetzten schadhafte Teile, versahen sie mit einer neuen Lackierung und bauten anschließend wieder alles zusammen.

Genau so gründlich gingen die Schüler der Maybach-Schule vor. Lehrer Reiner Meier schärfte seinen Schülern ein: „Gut ist nicht gut genug.“ Das bedeutete vor allem, die Hydraulik und die Bremsen instand zu setzen, Kabelstränge zu ersetzen, Verschleißteile zu erneuern und die Metallteile neu zu lackieren. Allerdings stießen die Schüler an ihre Grenzen, als es um die Polster- und Sattlerarbeiten ging. Denn die Maybach-Schule bildet in diesen Fächern nicht aus. Doch hier konnte die Stuttgarter Kerschensteiner-Schule helfen, allen voran Lehrer Jürgen Straub. Mit seinen Schülern fertigte er für den Schlepper einen neuen Sitz und ein Verdeck.

Bei aller Freude über das Geschenk richtete die Baobab-Gründerin doch noch einen Appell an die Festgemeinde: „Es wäre wunderbar, wenn wir auch einen Hänger für den Schlepper bekämen.“ Er darf auch heruntergekommen sein. Wir könnten sogar dafür bezahlen, so de Vos.