Dienstag, 19. Juni 2018

Einmalig: Schüler als Maschinenbauer

Buigen-Gymnasium:  Mit tatkräftiger Hilfe von drei angehenden Technikern der HEID TECH in Heidenheim bauen acht Schüler der Kursstufe 1 eine CNC-Fräsmaschine für ihre Schule.


Ein Jahr Arbeit steckt in dem ungewöhnlichen Unterfangen. Von Günter Trittner (Mit freundlicher Genehmigung der Heidenheimer Zeitung)

Das Werk lobt gemeinhin seinen Meister. In diesem Fall aber müssen ein paar Worte dazu gesagt werden. Denn acht Schüler der Kursstufe 1 des Buigen-Gymnasiums schaffen mit Hilfe von drei angehenden Technikern der HEID TECH in Heidenheim etwas, was unter allgemeinbildenden Gymnasien in sehr weitem Umkreis einmalig sein dürfte: Sie bauen eine komplette CNC-Fräsmaschine. Aber kein Vorführmodell für den Unterricht in Naturwissenschaft und Technik, sondern ein Bearbeitungszentrum mit hochwertigen Komponenten, wie es in einem Unternehmen der Industrie 4.0 stehen könnte. „So etwas gibt es an keinem Gymnasium im Land“, meint Robert Steiner, der Ideengeber dieses Projekts, der sich als NWT-Lehrer zugegebenermaßen damit auch einen „eigenen Traum“ verwirklicht.

Als Ratgeber unverzichtbar

Als Geburtshelfer und Ratgeber unverzichtbar war und ist Wolfgang Moroff. Der Schülervater ist im CNC-Fräsenbau tätig und führt in Hermaringen mit das Unternehmen Moroff und Baierl, dessen Werkhalle in den vergangenen Monaten zur zweiten Heimat der Gymnasiasten wurde. „Das schaffen wir“, gab Moroff als Parole aus. „Ohne Moroff hätte das nicht geklappt“, hält Steiner fest. Doch neben den „Superschülern“, wie Moroff die Gymnasiasten kennengelernt hat, mussten noch andere ins Boot. Denn die Konstruktion einer solchen Maschine war von den Gymnasiasten nicht zu leisten. „Das ist echter Maschinenbau“, sagt Steiner. Somit kam die HEID TECH ins Spiel, an der sich mit Lehrer Kai Neumann drei Schüler bereit  erklärten, als Abschlussarbeit ihrer Ausbildung diese Maschine zu konstruieren und auszulegen. „Alle waren gleich dabei.“ Welche Dimension diese Arbeit aber annehmen würde, hat sie wie alle anderen Mitwirkenden überrascht. Seit vier Monaten sind auch die Techniker, die parallel noch für ihre Abschlussprüfungen lernen mussten, Dauergast bei Moroff – sogar an den Wochenenden. Dennoch: Die Stimmung im gesamten Team ist blendend. Techniker und Schüler helfen sich wechselseitig. „Das baut auf“, denkt Lehrer Neumann an seine Schützlinge, „wenn sie als junge Techniker auch einmal für andere Lehrer sein können.“ Damit wird  bei  der Umsetzung des Projekts genau gelebt, was sich die Schüler-Ingenieur-Akademie  (Sia) aufs Panier geschrieben hat: Schule und Wirtschaft enger zueinanderzubringen. Da der Bau der CNC-Fräse am Buigen-Gymnasium als Sia-Projekt läuft, ist der Arbeitgeberverband Südwest-Metall auch finanziell daran beteiligt. Aufgabe der Schüler bei dem im Herbst 2017 gestarteten Vorhaben ist das Management, die Finanzierung, das Sponsoring und die Endmontage der Teile. Gebaut wurde von den Schülern auch der Untertisch für die Maschine, die im Endausbau mehrere 100 Kilo auf die Waage bringt, und deren Umhausung. „Für Schüler ist das schon eine Herausforderung“, weiß Steiner. All dieses Bemühen hätte aber nicht ausgereicht, wenn nicht zahlreiche Unternehmen Material und hochwertige Technik gestiftet oder zu günstigen Preisen überlassen hätten. Allein den Materialwert beziffert Moroff auf den Gegenwert eines guten Kleinwagens.

Höchste Präzision

Bis Herbst dieses Jahres soll das CNC-Bearbeitungszentrum fertiggestellt sein. Die in fünf Achsen bewegliche Fräse wird Holz und Kunststoff bearbeiten. „Vom Vogelhäuschen bis zum Segelboot“ umreißt Moroff die Möglichkeiten dieser Maschine, wenn es an das Fräsen dafür nötiger Teile geht. Deren Genauigkeit liegt im 1/100-Millimeter-Bereich. Robert Steiner, dem nicht müde werdenden Motivator seiner Schüler, schweben eher Elektroplatinen, Modellbausätze, ein Geldwechselautomat oder ein 3-D-Modell der Gegend um Herbrechtingen vor, wenn er Beispiele für künftige Einsätze nennen soll. „Die Schule kann sogar eigene Lernmittel herstellen“, sagt Moroff. Bevor die CNC-Fräse Teile herstellt, muss sie programmiert werden. Auch das lernen die Schüler. Die 4-Kanal-Steuerung, die Moroff besorgt hat, könnte auch in weitaus größeren Bearbeitungszentren eingesetzt werden. „Ab Klasse 6“ denkt Steiner, werde mit der Anlage gearbeitet. „Möglichst  früh“ sollen die Schüler im NWT-Unterricht praktische Erfahrungen sammeln. Seit eineinhalb Jahren ist das Buigen-Gymnasium in das bundesweite Exzellenz-Netzwerk ausgewählter Mint-Schulen aufgenommen. Im Herbst soll die CNC-Anlage in die Schule überführt und schon vom Foyer aus sichtbar im Technikraum platziert werden. Bis dahin ist aber noch einiges zu leisten. Die Elektrifizierung steht an und der Schaltschrankbau. Wie schnell dies gelingt, hängt auch von der Lieferzeit bestellter Teile ab. Dass dies gelingen wird, daran haben weder Moroff noch Steiner Zweifel. Für Schüler und Techniker wissen sie nur eine Leistungsbeschreibung:

„Supertoll“. Wenn es eine kleine Enttäuschung gibt, dann die: Kein einziges Mädchen wollte mitmachen. „Schade“ findet das Steiner. Der Bau der CNC-Fräse erfolgt in einem Seminarkurs. Diesen besuchen die Schüler zusätzlich zum Unterricht. Die Note geht ins Abiturzeugnis ein. Die Schüler erhalten zudem ein Sia-Zertifikat, das Arbeitgeber, wie Steiner weiß, sehr gern bei Bewerbungsunterlagen sehen. Am Bau der CNC-Fräse wirken von der HEID TECH Jan Habenicht, Flaurat Kabashi und Michael Illenberger mit, vom Buigen-Gymnasium  Lukas  Mack, Lukas Nieß, Eric Schütze, Tim Moroff, Philipp Hohage, David Gässler, Sebastian Lommen und Patrick Haller.

Bildunterschrift

Flaurat Kabashi, Michael Illenberger und Jan Habenicht (von links) dokumentierten die Konstruktion der CNC-Fräse in ihrer gemeinsamen Technikerarbeit. Lehrer Kai Neumann (Mitte) freut sich mit den Schulleitern der HEID TECH (links) und des Buigen-Gymnasiums (rechts) über die gelungene Präsentation.